Über das Rostocker Eck und den Ostgrat Schwierigkeit: WS+
Die Malhamspitzen - zusammen einfach „Malham“ genannt - prägen das Osttiroler Virgental (sprich: Firgen). Mit ihrem hohen Eis sind sie ein weithin sichtbares Aushängeschild der Tauern-Gletscherwelt, deren höchste Gipfel (Großvenediger 3657 m; Dreiherrenspitze 3499 m) vom Talgrund aus nicht zu sehen sind. Die Malhamspitzen (Nördliche 3373 m, Mittlere 3364 m und Südliche Spitze 3329 m) sind unter Skitourengehern bekannt, doch im Sommer werden ihre Gletscherrouten nicht oft begangen. Das ist nicht verwunderlich angesichts weiter Wege, spaltenreicher Gletscher und ausgeaperter Trümmerzonen. Der Weg von der Essener-Rostocker-Hütte über das Reggentörl (3056 m) dient als Zustieg zur Westflanke des Berges, über die man dann die Gipfel erreicht. In den letzten Jahren musste dieser Zustiegsweg aufgrund des zunehmenden Steinschlags aus den Wänden der Nördlichen Malhamspitze neutrassiert werden. Die nur als Seilschaft zu begehende Westroute kam für mich als Alleingeher ohnehin nicht infrage.
Als eine interessante Alternative erwies sich der weitgehend genussvolle Ostgrat der Nördlichen Malhamspitze. Von der Essener-Rostocker-Hütte kommt man zunächst hinauf zum Beginn des Grates am Rostocker Eck (2749 m). Am Ostgrat betritt man dann eine großartige Urlandschaft (fast) ohne Spuren menschlicher Anwesenheit. Wer Freude daran hat sich seinen eigenen Weg zu bahnen und die etwa vier bis fünf Kletterstellen zweiten Grades bewältigt, den erwarten hier oben die volle Freiheit und Abgeschiedenheit.
Der „Malham-Ostgrat“ ist eine „mäßig schwierige“ Fels- und Hochtour für erfahrene und sicher kletternde Bergsteiger. Fast ausnahmslos bietet der Ostgrat festen Fels und die Kletterei ist zunächst auch nicht allzu ausgesetzt. Besondere Aufmerksamkeit verlangt nur das Gelände in 3270 bis 3360 Metern Höhe. Dort muss eine sehr steile Trümmerhalde erstiegen werden, in der einem manchmal schon bei bloßer Berührung "alles" entgegenkommt. Nur mit Vorsicht und Erfahrung in solchem Gelände bleibt man in dieser Passage blessurenfrei. Es ist die einzige heikle Passage. Zum Schluss, auf den obersten zehn Metern, ist dann noch eine wirklich luftige Kletterstelle im oberen ersten Schwierigkeitsgrad zu bewältigen. Wer schwindelfrei ist, wird nicht zuletzt wegen dieser kleinen Mutprobe vom "Malham-Ostgrat" begeistert sein!
Die Fotos der Besteigung entstanden am 27. August 2015, einem makellosen Spätsommertag.