Normalweg von der Alten Kasseler Hütte Schwierigkeit: T4+
Dieser eher bescheidene Gipfel in der Rieserfernergruppe ist Teil eines bekannten Bergpanoramas: Wer vom Südtiroler Ahrntal in das Reintal einbiegt, erwartet im Talschluss den Ort Rein in Taufers und ihm gegenüber, wie auf einer Bühne, den majestätischen Hochgall (3436 m) mit seinem Gletscher und der plattigen Nordwand. Das vielfotografierte Bild wird vervollständigt vom Tristennöckl und Wildgall zur Rechten und vom Riesernock zur Linken, die den prächtigen Berg einrahmen. So wird der Riesernock zwar viel angeschaut, doch nur selten wirklich zur Kenntnis genommen. Noch weniger Menschen machen sich auf zu seiner Besteigung, wie mir Einheimische verrieten.
Seine isolierte Lage und die gleichzeitige Nähe zur Hochgall-Nordwand und zum Lenkstein versprachen ein lohnendes Panorama von seinem Gipfel. Ich fand auch eine gute Beschreibung des normalen Aufstiegs in einem Buch von Fabio Cammelli („Bergtouren im Pustertal“, Athesia 1995). Dort erfuhr ich von relativ geringen technischen Schwierigkeiten (eine Reibungsplatte erreicht kurz den 2. Grad), einer sparsamen Markierung mit Steinmännchen und einer verwickelten Route, die von der Südseite in die Westflanke und schließlich auf dem Nordgrat zum Gipfel führt. Also ein weitgehend unversehrter, natürlicher „Weg“ mit viel selbständiger Orientierung. Damit war mein Interesse geweckt. Am 18. August 2023 machte ich mich auf den Weg und wurde nicht enttäuscht. Die Wegfindung machte Spaß und war dank markanter landschaftlicher Eckpunkte nicht schwer. Die wenigen Kletterstellen waren schön und sicher (bei Trockenheit). Die eindrucksvollste Passage war die Querung der West- und Nordwestseite auf einem Band, das man bereits von Rein in Taufers sehen kann. Und die einzigen zwei unbequemen Passagen (die Grasrampe und die finale Schutthalde) bildeten weniger ein Ärgernis als eine Vervollständigung, denn dieser Normalweg führt über eine große Bandbreite von alpinen Geländearten. Bergsteiger und hochalpin ausreichend erfahrene Bergwanderer sollten ihre Augen also einmal vom Hochgall abwenden und schauen, ob ihnen der Riesernock nicht auch `ne Menge zu geben hat.