Überschreitung von Nordwest nach Südost Schwierigkeit: T4
Die Kreuzeckgruppe ähnelt nach Ansicht der verstorbenen Bergschriftstellerin Liselotte Buchenauer weniger den Hohen als den Niederen Tauern. Auf der kurzen Gipfeltour zum Rothorn kann man davon eine Kostprobe bekommen. Der etwas behäbig wirkende Berg bietet eine Gratkraxelei, die sich mindestens so oft auf Grasbändern abspielt wie im Fels. Wenn das Rothorn in der Morgensonne über der Feldnerhütte mehr grün als felsgrau erscheint, rümpfen Dreitausenderfans vielleicht die Nase. So sieht doch kein halbwegs abenteuerlicher Berg aus! Doch grün heißt nicht harmlos und die Besteigung (der zugegeben etwas formlosen Berggestalt) hat einen alles andere als langweiligen Routenverlauf.
Der zerschartete und turmbewerte Gipfelgrat – gemeint ist der Nordwestgrat – sieht auch gar nicht so einfach aus, wenn man dort oben erst mal angekommen ist. Und auch der etwas leichtere Südostgrat wurde für mich im Nebel zu einer spannenden Orientierungsaufgabe, denn auf beiden Routen gibt es weder Trittspuren noch Markierungen. Die beiden Routen habe ich am 3.9.2021 zu einer Überschreitung kombiniert und ich empfehle sie allen Berggehern, für die die Wegfindung im Gelände etwas Reizvolles ist. Die zwei kurzen Passagen im 1. Schwierigkeitsgrad fallen kaum ins Gewicht. Wichtiger sind alpine Erfahrung, eine gute Geländebeurteilung, absolute Trittsicherheit und ein Mindestmaß an Schwindelfreiheit.