Hochgall  (3436 m)

Nordwestgrat über das Graue Nöckl

Schwierigkeit:  ZS-

Der Routenverlauf am Grauen Nöckl (GN) und am Hochgall-Nordwestgrat aus der Umgebung der Antholzer Scharte.
Der Routenverlauf am Grauen Nöckl (GN) und am Hochgall-Nordwestgrat aus der Umgebung der Antholzer Scharte.

 

Bewertung:  ZS-

Ziemlich schwierige Hochtour mit ausdauernder und teilweise luftiger Kletterei im 2. Schwierigkeitsgrad sowie mit drei Drahtseilpassagen der Schwierigkeit B. Einzelstellen im Grad 2+ oder mehr sind möglich, vor allem, wenn man die Route zum ersten Mal klettert und nicht für jede Kletterstelle die einfachste Lösung findet. Wer auch am Grauen Nöckl am Grat oder in nächster Nähe zum Grat bleibt, klettert weit überwiegend in sehr festem Fels. Einzelne lose Blöcke verlangen trotzdem Aufmerksamkeit und Prüfung. Wichtig ist ein zügiges, aber konzentriertes und sicheres Klettern über mindestens fünf Stunden (Abstieg eingerechnet). Die Konzentration muss allerdings auch in den Blockhalden des Zu- und Abstiegs hochgehalten werden. Nur für hochalpin erfahrene Bergsteiger geeignet, die über solide Kletterfähigkeit, Ausdauer und Schwindelfreiheit verfügen. Bei Schneelage deutlich schwieriger, dann auch vermehrter Einsatz von Seilsicherung notwendig.

 

Ausrüstung: Helm, Steigeisen, Seil, Klettersteigset. Seil und Klettersteigset sind entbehrlich bei idealen Verhältnissen, aber nur für Erfahrene, die lange Grattouren ungesichert bewältigen. Die Steigeisen werden für Schneereste und gefrorenes Schmelzwasser gebraucht, sind aber entbehrlich in hoch- und spätsommerlichen Hitzeperioden, wenn diese zu einem restlosen Abschmelzen von Alt- und Neuschneeresten geführt haben, kurz gesagt: Wenn der Nordwestgrat komplett trocken ist.

 

Routenverlauf: Alte Kasseler Hütte – Graues Nöckl – Nordwestgrat - Hochgall - Rückkehr zur Alten Kasseler Hütte auf derselben Route.

 

Höhenunterschiede: 1220 Höhenmeter in Auf- und Abstieg.

 

Gehzeiten:  8:00 Std.  (4:30 Std. im Aufstieg, 3:30 Std. im Abstieg).

 

Anfahrt: Von Bruneck im Südtiroler Pustertal mit der Serbus-Linie 450 ins Tauferer Ahrntal bis nach Sand in Taufers, von dort weiter ins Reintal mit der Serbus-Linie 452 bis zur Haltestelle am Ortseingang von Rein in Taufers (nicht weiter hinauffahren bis zur Kirche).

PKW-Fahrer biegen hinter der Bushaltestelle rechts ab zum großen Parkplatz von Rein in Taufers.  

 

Ausgangspunkt: Alte Kasseler Hütte (2276 m; auch Hochgallhütte und Rifugio Roma genannt); Autonome Provinz Bozen (Südtirol); Tel. +39 / 0474 / 672550 oder +39 / 333 / 7238426. Von der Bushaltestelle oder dem großen Parkplatz am Ortseingang von Rein in Taufers (1542 m) nimmt man den Weg Nr. 1 über die Untere Terner Alm und erreicht die (Alte) Kasseler Hütte in knapp 2.30 Std..

 

 

Der Wegverlauf: Von der Kasseler Hütte (2276 m) folgt man dem Arthur-Hartdegen-Weg (Steig Nr. 8) über etwa eine Viertelstunde. Der Weg führt zu einem auffälligen Bacheinschnitt hinab (Punkt 2311 der Tabacco-Karte). Dort erkennt man auf den Gletscherschliffen der gegenüberliegenden Bachseite – ziemlich rechts, also bachaufwärts - die Aufschrift „Hochgall – Collalto“ in roter Farbe. Man verlässt dort den Hartdegen-Weg und folgt dem zunächst kräftig ansteigenden Steig nach rechts. Regelmäßige Steinmännchen helfen bei der Orientierung. In 2400 Metern Höhe kommt man an einem kleinen Teich vorbei und betritt ein Plateau aus Grasmatten und Gletscherschliffen. Der Steig überquert eine Moräne. Anschließend gelangt man in das ehemalige Bett des Östlichen Rieserferners, wo der Gletscherbach drei flache Seen angestaut hat (circa 2580 m). Man überquert den Gletscherbach nach links, was am frühen Morgen keine Schwierigkeiten bereitet (am Nachmittag schwillt er bei hohen Tagestemperaturen an). Auf der anderen Bachseite erhebt sich ein Schutthang, der vom Grauen Nöckl herabzieht, einem kleinen Gipfel am unteren Ende des Hochgall-Nordwestgrats. Zu Beginn erkennt man zwei farbige Markierungen, dann helfen Steinmänner und Trittspuren beim Aufstieg durch den erst flachen, dann steiler werdenden Blockschutt. Rechtshaltend gelangt man auf eine Moräne. Sie führt in einem Linksbogen zum Westgrat des Grauen Nöckls, wo es steiler wird. Man umgeht den ersten felsigen Abschnitt rechts unterhalb des Grates. Dann, auf schätzungsweise 2880 Metern Höhe, beginnt die Felskletterei, die erst am Gipfel endet! Obwohl man sowohl oben am Westgrat als auch in der rechten Flanke auf Steinmännchen stößt, ist es keineswegs beliebig, wo man aufsteigt. Die scheinbar einfachen Bänder in der Flanke enden allesamt in brüchigem Gelände, also in Sackgassen. Nur am Grat oder dicht an ihm entlang sind die Felsen fest und sicher, so dass man wirklich gut vorankommt. Dabei gibt es zahlreiche Stellen im 2. Schwierigkeitsgrad, die teilweise ausgesetzt sind. Auf diese Weise erreicht man den Steinmann am Gipfel des Grauen Nöckls (3084 m).

 

Vom Grauen Nöckl folgt man einem horizontalen Gratabschnitt teils auf der Schneide, teils rechts von ihr in ziemlich ausgesetzter Position (2. Grad). Man gelangt an einen 20 Meter tiefen Einschnitt, in den man mit Hilfe eines guten Drahtseils hinab hangelt (Schwierigkeit B). Wir erreichen die tiefste Scharte am NW-Grat (ungefähr 3050 m). Auf der anderen Seite geht es über eine Wand steil hinauf auf einen Gratturm, auch die Umgehung dieses Turms durch einen niedrig angesetzten Quergang nach rechts außen ist möglich (beide Varianten im 2. Grad). Der folgende horizontale Grat wird von weiteren Gratzacken überragt, die man umgeht: Den ersten kleinen Turm rechts, alle nachfolgenden jedoch links (überwiegend 1. Grad). Anschließend steigt der Nordwestgrat wieder an. Die Schwierigkeiten bewegen sich dort weiterhin im ersten Grad mit Einzelstellen im 2. Grad. Die nächsten markanten Kletterstellen beginnen an einem auffallenden Absatz im Grat (circa 3250 m), dort, wo das Eis des Hochgallferners (links) dem Grat am nächsten kommt. Der Nordwestgrat wird hier steiler und plattiger, die Kletterei bewegt sich überwiegend im 2. Grad. An zwei Stellen ermöglichen Ringhaken eine mühelose Seilsicherung, wenn nötig. Es folgt eine Felsplatte, die von parallelen, tiefen Rissen durchzogen ist und die möglicherweise mit 2+ zu bewerten ist (aber wahrscheinlich habe ich dort nur nicht die beste Lösung gefunden). Unmittelbar danach kommen in enger Folge zwei weitere Drahtseile, die sich über griff- und trittarme Felsplatten spannen und deshalb - so man sie zur Fortbewegung nutzt – auch Krafteinsatz erfordern (jeweils Schwierigkeit B). Danach legt sich der Grat immer mehr zurück und mit den Augen erfasst man bereits das nahe Gipfelkreuz. Zum Schluss geht es über den horizontalen Gipfelgrat (eine kurze Kletterstelle 2-) zum Gipfel mit dem unverwechselbaren Gipfelkreuz und dem Gipfelbuch.

 

Der Abstieg verläuft auf demselben Weg.

 

© Ulrich Clashausen